„Mythos Auszeit“

Die Bedeutung der Auszeit hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Früher bedeutete sich eine Auszeit zu nehmen vor allem ein Luxus, den man sich leistet.  Man kann sich zum Beispiel eine längere Reise wünschen, um sich einen Traum zu erfüllen und einfach mal wegzukommen. Das hat eine andere Qualität, als wenn ich Abstand brauche, um über mein Berufsleben oder über mein Leben als Ganzes neu nachzudenken, weil Unzufriedenheit an mir nagt oder ich psychisch und physisch erschöpft bin und an die Grenzen meiner Belastbarkeit gelange oder diese bereits überschritten habe. Das Luxusproblem entwickelt sich meines Erachtens zunehmend zu einem gesellschaftlichen Übel, wenn nämlich aus dem Wunsch eine Notwendigkeit wird.

In einer wachsenden fremdbestimmten und reizüberfluteten Welt, die sich schneller und schneller dreht, stellt das Projekt einer erlebnispädagogischen, prozessbegleiteten Auszeit eine besondere Chance zur Entschleunigung und Ressourcenorientierung dar. Wie bereits erwähnt, gibt es verschiedene Formen der Auszeit. Sie kann entstehen aus einem Wunsch und Bedürfnis nach Inspiration, Erholung und Abwechslung vom Alltag oder aus der Not einer persönlichen Krise heraus. Wer sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet und sich überfordert fühlt, sucht in der Regel Hilfe. Doch sind längst nicht alle Menschen in der Lage ihre Situation richtig einzuschätzen und Hilfe rechtzeitig zu suchen. Man gesteht es sich oft nicht ein, dass man eine Pause braucht. Eifrig wird so lange weiter gemacht und Warnsignale verdrängt, bis ein Zusammenbruch unausweichlich ist. Die schlimmste Stufe ist die Form des Burnouts, bei dem die meisten Menschen eine lange Zeit in Kliniken verbringen und in der Regel nicht mehr in der gleichen Form in ihren Beruf und oder Alltag zurückkehren. Hinzu kommt, dass ein Burnout einen Menschen aus dem familiären, sozialen Umfeld reisst und immense Kosten auf verschiedenen Ebenen verursacht. Ich wage zu behaupten ein Burnout hat eine lange Vorgeschichte und mit Hilfe regelmässiger, gezielter Auszeiten, könnten viele Burnouts verhindert werden.  

Was es dazu braucht, damit Auszeiten gezielt genützt werden, ist meines Erachtens eine partizipative Finanzierung mittels Fonds und/oder Krankenkassen sowie eine Erweiterung des Angebots. Freiwillige Auszeiten von zwei bis vier Wochen werden in der Schweiz bis jetzt noch nicht finanziell unterstützt, wie es zum Beispiel in Österreich oder Deutschland der Fall ist. Hierzulande müssen freiwillig gewählte Auszeiten von den Ferien abgezogen, respektive aus eigener Tasche bezahlt werden. Dieser Fakt fördert die Tendenz, dass die physische Erholung priorisiert wird. Eine Auszeit kann auch behördlich oder ärztlich als eine Art Time Out oder Übergangszeit angeordnet werden, nach zum Beispiel einer stationären Therapie. Der Schaden bei einem totalen Ausfall wie dem Burnout sind vehement, und genau darum sollte eine Auszeit finanziell unterstützt werden. Beispiele wie das funktionieren kann gibt es in verschiedenen Ländern der EU bereits mit dem Verein «Green Care» und «Care farming».